
Wenn Mitarbeitende ihre eigenen Kompetenzen überschätzen, stellt das Führungskräfte vor eine besondere Herausforderung. Denn überhöhte Selbsteinschätzung kann nicht nur zu Fehlentscheidungen führen, sondern auch die Zusammenarbeit im Team belasten. Gleichzeitig wäre es ein Fehler, solchen Mitarbeitenden einfach die Grenzen aufzuzeigen – zu groß ist das Risiko, sie zu entmutigen oder in eine Abwehrhaltung zu bringen. Entscheidend ist deshalb ein reflektierter und zugleich menschlicher Umgang.
Psychologische Grundlagen verstehen
Die Selbstüberschätzung von Mitarbeitenden lässt sich häufig mit dem Dunning-Kruger-Effekt erklären: Menschen mit geringer Kompetenz erkennen ihre Defizite nicht – gerade weil ihnen das nötige Wissen fehlt, um sich realistisch einzuschätzen. Daraus folgt nicht nur eine überzogene Selbsteinschätzung, sondern oft auch eine Unterschätzung der Fähigkeiten anderer. Das hat direkte Auswirkungen auf die Teamkultur: Feedback wird abgewehrt, Verantwortung überstrapaziert, Risiken unterschätzt.
In der Persönlichkeitspsychologie wird zusätzlich der Overconfidence Bias beschrieben – also die systematische Überschätzung der eigenen Fähigkeiten oder der Sicherheit von Entscheidungen. Auch dieser Mechanismus kann dazu führen, dass sich Mitarbeitende resistent gegenüber Kritik zeigen oder sich in Projekten überfordern, ohne es selbst zu merken.
Was Führungskräfte tun können
Um mit Selbstüberschätzung konstruktiv umzugehen, braucht es Fingerspitzengefühl, Struktur und eine Kultur, die Lernen und Reflexion fördert.
Selbstüberschätzung ist kein individuelles Versagen, sondern ein menschlicher Denkfehler – oft Ausdruck eines Bedürfnisses nach Sicherheit und Anerkennung. Für dich als Führungskraft besteht die Kunst darin, diesen blinden Fleck nicht als Problem, sondern als Entwicklungschance zu begreifen. Wenn es dir gelingt, Ehrlichkeit mit Empathie zu verbinden und kritisches Feedback mit einem klaren Entwicklungspfad zu koppeln, entsteht echte Lernbereitschaft. So stärkst du nicht nur das einzelne Teammitglied – sondern auch die Reife und Selbstreflexionsfähigkeit deines gesamten Teams.